Vorsorgevollmacht: Die neun größten Irrtümer

Es gibt wohl kaum ein rechtlich relevantes Dokument, um das so viel Irrtümer und Mythen bestehen wie um die Vorsorgevollmacht. Fakt ist: Jeder sollte eine haben, um im Ernstfall schnell einen rechtlichen Vertreter an seiner Seite zu haben. Aber dann hört die Übereinstimmung auch schon auf. Neun Irrtümer zur Vorsorgevollmacht, die jeder kennen sollte.

Irrtum 1: Ehepartner benötigen keine Vorsorgevollmacht 

Ehepartner sind keine gegenseitigen gesetzlichen Vertreter in einem Notfall. Die Heiratsurkunde ersetzt also keine Vorsorgevollmacht. Zwar gilt seit dem 1.1.2023 das sogenannte Notfallvertretungsrecht für Ehegatten. Ehegatten und Lebenspartner können sich seit Jahresbeginn gegenseitig ist bestimmten Angelegenheiten vertreten, wenn einer der beiden infolge von Krankheit oder Unfall vorübergehend nicht der Lage ist, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Dieses Notfallvertretungsrecht reicht aber nicht im Ansatz so weit wie eine gültige Vorsorgevollmacht, die deshalb auch Ehegatten benötigen. Es bleibt festzuhalten: Wenn Ihr Ehepartner Sie im Notfall vertreten soll, brauchen Sie demnach eine Vollmacht!

Irrtum 2: Die Vorsorgevollmacht regelt alles 

Eine Vorsorgevollmacht gibt dem Bevollmächtigten das Recht, Sie in fest definierten Lebensbereichen zu vertreten. Schauen Sie in unsere Vorlage zur Vorsorgevollmacht, da finden Sie die entsprechenden Bereiche. Das Thema Gesundheitsvorsorge deckt eine Vorsorgevollmacht jedoch nicht ausreichend ab. Der Unterschied zwischen den beiden ist schnell erklärt: 

Mit einer Patientenverfügung legen Sie fest, welche medizinischen und pflegerischen Maßnahmen Sie wünschen oder auch ablehnen. Sie entscheiden sich, wie Sie in dem Fall behandelt werden möchten, in dem Sie keine Entscheidungen für Ihre Gesundheit mehr treffen können. 

Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie dagegen jemanden, der Sie in allen persönlichen Angelegenheiten vertritt. Dazu gehören unter anderem finanzielle und rechtliche Entscheidungen – aber natürlich geht es auch darum, Ihren in der Patientenverfügung geäußerten Wille durchzusetzen. Hier gibt es eine Überschneidung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, aber Sie benötigen definitiv beide Dokumente.

Irrtum 3: Eine Kopie der Vorsorgevollmacht genügt

Eine Vorsorgevollmacht werden viele Institutionen im Original sehen wollen, wenn der Bevollmächtigte für Sie tätig wird. Eine Kopie kann in manchen Fällen reichen, aber der Bevollmächtigte sollte wissen, wie er im Notfall auf das Original-Dokument zugreifen kann. In unserem Notfallservice hinterlegen Sie tatsächlich auch nur eine Kopie, verbunden mit dem Hinweis, wo das Original bei Ihnen zu Hause zu finden ist. Wenn Sie bei uns Kunde der Premium-Notfallvorsorge sind, hinterlegen wir das Original Ihrer Vorsorgevollmacht und stellen es dem Bevollmächtigten im Notfall zur Verfügung. Außerdem hinterlegen wir das Original im offiziellen Vorsorgeregister, sodass eine Vorsorgevollmacht quasi öffentlich verfügbar ist. Die Kosten dafür tragen übrigens wir für Sie!

Irrtum 4: Eine Vorsorgevollmacht kann ich nicht widerrufen 

Das stimmt nicht, Sie können Ihre Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen. Das müssen Sie weder begründen noch gegenüber einem früheren Berechtigten in irgendeiner Form rechtfertigen. Solche Widerrufe gibt es übrigens häufiger, als Sie wahrscheinlich denken: So kann es sein, dass der Bevollmächtigte gar nicht mehr in der Lage ist, Ihnen zur Seite zu stehen oder Sie jemanden benötigen, der näher bei Ihnen wohnt. Die Gründe können tatsächlich vielfältig sein. Denken Sie daran, dass Sie bei einer Änderung des Bevollmächtigten das Original (siehe Irrtum 3) der Vorsorgevollmacht vernichten und ein neues Original hinterlegen.

Irrtum 5: Eine Vorsorgevollmacht ist erst gültig, wenn ich tot oder geschäftsunfähig bin

Tatsächlich lässt sich eine Vorsorgevollmacht so formulieren, dass sie erst greift, wenn Sie nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen. Sinnvoll ist es aber nicht. Denn wie soll ein Geschäftspartner von Ihnen wissen, ob Sie nun noch in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen? Und wie soll der Bevollmächtigte den Eintritt dieser Situation in der Praxis nachweisen? Die heute gängigen Vorsorgevollmachten sehen vor, dass der Bevollmächtigte handeln kann, wenn er das Original der Vorsorgevollmacht in den Händen hält. Das Missbrauchsrisiko lässt sich also dadurch reduzieren, dass der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde erst erhält, wenn Sie verstorben sind oder im Krankenhaus liegen. Besser ist es allerdings, wenn Sie Ihrem Bevollmächtigten vertrauen und ein Missbrauch der Vollmacht deswegen gar nicht befürchten müssen.

Irrtum 6: Eine Vorsorgevollmacht ohne Notar geht nicht

Das ist ein beliebtes Märchen zum Thema Vorsorgevollmacht. Stimmt aber nicht! Sie benötigen für Ihre Vorsorgevollmacht keine notarielle Beurkundung: Sie können Ihre Vorsorgevollmacht mit unserem Vordruck handschriftlich verfassen oder unsere Vorlage nutzen. Sie können die Dokumente aber auch von unserem Dienstleister, der Deutschen Vorsorgedatenbank, erstellen lassen – mehr Informationen dazu finden Sie hier. Und natürlich können Sie damit auch einen Notar beauftragen. Der Gang zum Notar ist nur nötig, wenn Sie dem Bevollmächtigten ermöglichen möchten, Immobiliengeschäfte in Ihrem Namen vorzunehmen oder wenn handelsrechtliche Entscheidungen – etwa auf Gesellschaftsversammlungen – vorzunehmen sind. 

Irrtum 7: Vorsorgevollmachten decken Bankgeschäfte ab

Das ist zunächst einmal gar kein Irrtum, theoretisch können Sie in einer Vorsorgevollmacht regeln, dass jemand Bankgeschäfte für Sie vornimmt. In der Praxis aber sträuben sich Banken vehement dagegen, klassische Vorsorgevollmachten anzuerkennen und bestehen auf einer separaten Bankvollmacht. Schaut man in die Gebührenordnung der Geld-Institute, könnte man den Eindruck gewinnen, dass das Beharren auf der Bankvollmacht aus dem eigenen Hause wirtschaftliche Gründe hat. Aber die Banken argumentieren dann lieber doch mit dem Aspekt der Sicherheit. Wobei wohl noch kein Geldinstitut der Welt überprüft hat, ob der Bevollmächtigte wirklich noch geschäftsfähig war. Nun gut, Fakt ist: Sparen Sie sich die Diskussion mit der Bank und erstellen Sie eine Bankvollmacht lieber auf den bankeigenen Unterlagen. 

Irrtum 8: Der Bevollmächtigte kann mein gesamtes Vermögen verschenken

Das ist eine der größten Sorgen rund um das Thema Vorsorgevollmacht (und zugleich ein großer Irrtum): Der Bevollmächtigte räumt meine Konten leer, kaum, dass die Tinte auf der Vorsorgevollmacht trocken ist. Das ist – wie gesagt – blanken Unsinn: Denn eine Übertragung Ihres Geldes in das Vermögen des Bevollmächtigten wäre eine Schenkung und die sind nur im gesetzlichen Rahmen gestattet, etwa als kleine Aufmerksamkeit zu Weihnachten. Außerdem können Sie in Ihrer Vorsorgevollmacht nicht nur jegliche Schenkungen verbieten, summenmäßig oder sogar auf bestimmte Vermögenswerte beschränken: Sie können auch sogenannte Insichgeschäfte des Bevollmächtigten mit sich selbst untersagen. Das wirkt nicht nur bei Schenkungen, sondern der Bevollmächtigte könnte dann auch nicht gleichzeitig als Käufer und Verkäufer von Gegenständen handeln, die Ihnen gehören. Das Verbot von Insichgeschäften vermeidet Interessenkonflikte und minimiert das Risiko eines Vollmachtmissbrauchs. Natürlich steht es Ihnen frei, solche Insichgeschäfte in Ihrer Vollmacht ausdrücklich zu erlauben – dafür müssen Sie den Bevollmächtigten vom sogenannten Verbot des Selbstkontrahierens befreien und Insichgeschäfte erlauben. Hier nehmen Vorsorgevollmachten Bezug auf die Regelung in § 181 BGB.

Irrtum 9: Die Vorsorgevollmacht erlischt mit dem Tod Vollmachtgebers

Vorsorgevollmachten sind grundsätzlich so lange gültig, bis sie widerrufen werden. Demnach ist eine Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus gültig und das ist natürlich auch so gewollt: Denn der Vollmachtgeber möchte in aller Regel ja, dass der Bevollmächtigte seine Interessen auch nach dem Tod regelt – etwa zu all den Punkten, die er in seiner Trauerverfügung oder auch in seiner Haustierverfügung geregelt hat. 

Widerrufen können nach dem Tod die Erben die Vollmacht, in Ihrem Interesse sind alle Entscheidung des Bevollmächtigten nach dem Tod des Vollmachtgebers auch zu treffen. Oft wird auch die Auffassung vertreten, dass eine Vorsorgevollmacht erst dann gilt, wenn der Vollmachtgeber verstorben ist. Tatsächlich gibt es solche sogenannten postmortalen Vollmachten: Die sind hauptsächlich dann sinnvoll, wenn eine bevollmächtigte Person sich zu Lebzeiten um jemanden kümmert – etwa der Partner – und eine andere im Todesfall den Partner entlasten soll.

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